Proposition: Rechenregeln der Differentialrechnung

Sei .
Sei .
Seien in differenzierbare Funktionen.

Dann sind folgende Funktionen ebenfalls in differenzierbar:

  • (falls )
  • (falls )

Proposition: Ableitungsregeln der Differentialrechnung

Sei .
Sei .
Seien in differenzierbare Funktionen.

Dann gilt:

  • (Summenregel)
  • (Faktorregel)
  • (Produktregel)
  • (Quotientenregel) (falls )
  • (Reziprokregel) (falls )
  • (Kettenregel)

Beweise

Da in differenzierbar sind, sind sie mit Proposition 16.1.3 auch in stetig. Mit Beobachtung 15.3.5 folgt weiter, dass in auch stetig sind.

Daher können wir im Folgenden die Rechenregeln aus Proposition 15.3.17 anwenden.

Beweis zu

Mit Definition 16.1.1 1.) gilt:

Beweis zu

Mit Definition 16.1.1 1.) gilt:

Beweis zu (Produktregel)

Mit Definition 16.1.1 1.) gilt:

Beweis zu (Quotientenregel)

Mit Definition 16.1.1 1.) gilt:

Beweis zu (Reziprokregel)

Da die Ableitung der konstanten Funktion - und damit insbesondere von - stets ist, folgt die Behauptung mit der Kettenregel. Oder mit der Quotientenregel, je nachdem, was man lieber durchdenken mag.

Beweis zu (Kettenregel)

Leider hat man sich hier im Skript für einen ziemlich schwierigen Beweis der Kettenregel entschieden. Das hier zu schreiben und zu verstehen hat mich fast einen ganzen Tag gekostet.

Um eine erste Intuition zu erhalten, betrachten wir zunächst die Ableitung von mithilfe der h-Methode.

Mit dieser gilt, da nach Voraussetzung in differenzierbar ist:

Wobei wir in Gleichung die h-Methode angewendet haben und diese mithilfe der Regeln der Bruchrechnung zu Gleichung umgeformt haben.

Betrachten wir Gleichung , sehen wir, dass sie sich aus zwei Ausdrücken zusammensetzt. Der rechte Ausdruck

entspricht, mit der h-Methode, der Ableitung von an der Stelle , also .

Über den linken Ausdruck

wissen wir an dieser Stelle noch überhaupt nichts. Wir wissen nicht mal, ob der Grenzwert überhaupt existiert.

Die Existenz dieses Grenzwertes ist aber Voraussetzung für die Aufspaltung von Gleichung in zwei separate Grenzwerte (siehe auch Proposition 15.3.17).

Damit wir also weiterkommen können, wollen wir Gleichung genauer untersuchen. Um uns diese Untersuchung zu erleichtern, führen wir eine neue Funktion ein:

Wobei , also die Menge der , die in Addition mit noch in dem Definitionsbereich von liegen.

Die Aussage

der Grenzwert existiert

die wir für die Aufspaltung von Gleichung benötigen, wäre nun beispielsweise erfüllt, wenn stetig in der Stelle wäre. Dann würde nämlich gelten, dass . Leider lässt sich leicht sehen, dass an der Stelle eine Unstetigkeit hat, denn für steht im Nenner . Daher hatten wir für den Definitionsbereich auch gewählt.

Diese Unstetigkeit können wir allerdings heben, indem wir wie folgt stetig fortsetzen:

Damit können wir nun auf Stetigkeit in der Stelle untersuchen. Es ist also zu zeigen, dass

Wir werden uns dem Ausdruck mit einem Umweg über das Theorem - Epsilon-Delta-Kriterium für Stetigkeit annähern.

Nach Voraussetzung ist in dem Punkt differenzierbar. Für die Ableitung von in gilt mit der h-Methode (wobei wir hier durch tauschen):

Da in dem festen Punkt differenzierbar ist, gilt mit Proposition 16.1.3 außerdem, dass in dem festen Punkt auch stetig ist. Mit dem Theorem - Epsilon-Delta-Kriterium für Stetigkeit folgt:

Wenn ist, dann gibt es ein , sodass:

Weiter nach Voraussetzung ist auch in differenzierbar und damit, wieder durch Proposition 16.1.3, auch stetig.

Wieder mit dem Theorem - Epsilon-Delta-Kriterium für Stetigkeit folgt:

Für das (zuvor für Gleichung gewählte) gibt es ein , sodass:

Wir sind nun bereit, die Stetigkeit festzustellen. Da (siehe Gleichung eine Fallunterscheidung hat, nehmen wir diese auch hier vor:

Fall 1: sei

Sei nun beliebig, aber mit .
Sei .
Sei

Dann gilt mit Gleichung :

Da , folgt für das gewählte mit Gleichung außerdem auch .

Da also , gilt mit Gleichungen und :

Fall 2: sei

Sei nun beliebig, aber mit .
Sei .
Sei

Dann gilt

Mit Gleichungen und und dem Theorem - Epsilon-Delta-Kriterium für Stetigkeit folgt, dass in stetig ist. Weiter gilt:

Mithilfe der Stetigkeit von und Gleichung dürfen wir Gleichungen und jetzt wie folgt umschreiben. Es gilt: