Theorem: Tschebyschow-Ungleichung

Sei eine Zufallsvariable.

Ist , so gilt mit der Tschebyschow-Ungleichung für jedes :

Umgekehrt gilt auch:

Anmerkung

Interpretation

Die Tschebyschow-Ungleichung schätzt also die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Zufallsvariable mehr als von ihrem Erwartungswert abweicht, durch die Varianz nach oben ab.

Für jedes noch so große

In der Regel geht es uns bei immer um sehr kleine . Hier ist das ausnahmsweise mal anders: die Aussage gilt zwar auch für beliebig kleine , hier geht es uns aber besonders um beliebig große .

Achtung: Es gibt häufig bessere Abschätzungen

Für spezielle Verteilungen gibt es im einzelnen bessere Schranken zur Abschätzung.

Der Wert der Tschebyschow-Ungleichung entspringt vor allem ihrer allgemeinen Gültigkeit.

Beweis

Das wird ein bisschen komplex, aber an sich gar nicht sooo schwierig.

Zwei messbare Abbildungen

Sei .
Wir konstruieren uns zunächst zwei Funktionen wie folgt:

𝟙

für alle . Zunächst versuchen wir einmal, zu verstehen, wie die Funktionen und konstruiert wurden. Das gelingt durch die folgende Illustration (siehe auch @henze2019).

Für stellen wir fest:

  • ja, ist tatsächlich eine quadratische Funktion,
  • in dem Punkt ist gleich , also ,
  • in den Punkten und ist gleich .

Für stellen wir fest:

  • nimmt auf dem Intervall den Wert an
  • außerhalb dieses Intervalls nimmt den Wert an.

Insbesondere gilt damit für und , dass immer größer oder gleich ist, also:

Zusammenhang der messbaren Abbildungen mit der Tschebyschow-Ungleichung

Da es sich bei den beiden Funktionen um Messbare Abbildungen handelt (denn ), können wir sie jeweils mit der Zufallsvariablen verknüpfen und erhalten auf diesem Weg zwei neue Zufallsvariablen:

𝟙

Wir werden jetzt den Zusammenhang von und (bzw. und ) mit der Tschebyschow-Ungleichung herstellen. Hierzu holen wir uns die Ungleichung als Memo hinzu:

Memo - Tschebyschow-Ungleichung

Unter Zuhilfenahme der Methode des scharfen Hinsehens erkennen wir: die linke Seite entspricht ja fast und die rechte Seite entspricht fast .

  • Links:
    • Für die linke Seite gilt: ,
    • während für gilt: 𝟙.
  • Rechts:
    • Für die rechte Seite gilt: ,
    • während für gilt: .

Und was ist jetzt der Zusammenhang? Mit der Proposition Erwartungswert einer Indikatorfunktion entspricht der Wahrscheinlichkeit des Ereignisses folgt für die linke Seite und :

𝟙

Mit der Homogenität des Erwartungswertes und der Multiplikationsregel für den Erwartungswert folgt für die rechte Seite und :

Schluss

Was war eigentlich zu zeigen? Wir wollten die Tschebyschow-Ungleichung beweisen. Es ist also zu zeigen, dass

Memo - Tschebyschow-Ungleichung

gilt. Mit Gleichungen und ist das äquivalent dazu, dass:

gilt. An anderer Stelle haben wir bereits bewiesen, dass der Erwartungswert monoton ist. Also:

für beliebige Zufallsvariablen und .

Mit Gleichung folgt aber auch

Da und zwei Zufallsvariablen sind, folgt damit für Gleichung :

das ist aber genau, was nach Gleichung zu zeigen war. Mit Gleichung gilt aber wiederum:

also die Tschebyschow-Ungleichung - was zu zeigen war.